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          Wie man eine Theorie zur Theorie der Theorie über Gott finden kann ... oder wie man über die Religionen hinaus zu denken vermag.

 

 

Offenbar sind Religionen in ihrer Tradition der menschlichen Kultur die Basis, auf der sich „Theologen“ mit Gott angeblich „wissenschaftlich“ beschäftigen, oft nur in dem Versuch, zu beweisen, dass ihre jeweils eigene Religion richtig und wahr ist. Derb ausgedrückt, kann man auch sagen: sie zäumen „das Pferd vom Schwanz auf“.

Es gibt nur wenige Ausnahmen, wie den Jesuiten Teilhard de Chardin, die Ihre „wissenschaftliche Theologie“ nicht von Alten Schriften, Traditionen , religiösen lehramtlichen Dogmen oder Propheten herleiten. Teilhard de Chardin bekam auch prompt für seine Gedanken Lehrverbot von „Rom“. Ich erwähne diesen Theologen öfter als eine Art „Wegweiser“ für theologisches Denken.

Hier gibt es das Problem, dass Religionskunde mit Theologie gleichgesetzt wird, dass beamtete Religionswissenschafter als Auskunfts- und Lehrpersonen für die Fragen nach „Gott“ in- und außerhalb ihrer religiösen Gemeinschaften als in dieser Hinsicht kompetent angesehen werden. Ich sehe darin die Gefahr für ein neues (?) theologisch - philosophisches Denken, das in einem ungeheuren Bildungsnotstand blockiert und vernachlässigt wird, da die Betriebsamkeit der Religionen sich in der eigentlichen Fragestellung nach Gott kaum bewegt.

Die Argumentationen leiten sich von angesammelten traditionellen „Wahrheitsgrundlagen“ der Religionen ab und bieten Informationen lediglich in deren Hilfswissenschaften, wie es etwa Übersetzungen verloren gegangener Sprachen oder historische Quellen sind. Diese Selbstbefriedigung in ihren vielen Formen darf schon sein und Menschen in ihrer Bildung bereichern.

Dieses Kulturgut ist, wenn es gut geht, anheimelnd und sozial hilfreich, aber ebenso oft schädlich, erspart jedenfalls nicht die notwendige Arbeit, den Begriff „Gott“ von all den Versuchen zu reinigen, wie es etwa der Versuch ist, eine Art „Persönlichkeitstheorie Gottes“ zu beschreiben, die als „Offenbarung Gottes“ die Grundlage der jeweiligen Religion darstellt.

Sigmund Freud hatte natürlich Recht, wenn er uns vorhielt, unsere eigenen Projektionen in einem Gottesbild zu vereinen und umgekehrt unser Gottesdenken von diesen Projektionen wiederum bestimmen zu lassen. Was wir da projizieren, sind die Vorstellungen der jeweiligen gesellschaftlichen Bilder aus der Zeit der Religionsgründungen. Diese werden als Offenbarungsgut fixiert und bestimmen das Bewusstsein der Gläubigen unter Androhung der Sündenstrafen über Jahrtausende gegen jede Idee von Evolution des Menschen und der Notwendigkeit, dieses Denken weiter zu entwickeln.

Die Ursache für diese Blockade, die wir „Fundamentalismus“ nennen, ist die Angst, ansonsten Gott, beziehungsweise die gewohnte Vorstellung davon zu verlieren. Diese Angst verhindert die evolutionäre Weiterentwicklung religiösen Denkens und somit auch die Weiterentwicklung der menschlichen Gesellschaften. Denn letztlich sind die Ergebnisse menschlicher Gesellschaftskulturen psychoanalytisch immer auf Gottesbilder zurückzuführen, auch wenn sie andere ideologische Begründungen dafür vorgeben.

 

These: Notwendigkeit der Einbeziehung kosmologischen und theoretisch-physikalischen Denkens und der Evolution

Der Begriff der „Ewigkeit“, der in den meisten westlichen Religionen einen wesentlichen Bereich des sogenannten „Glaubens“ darstellt, wird fast immer als eine unendliche Ansammlung von „Zeit “ gedacht, ohne sich darum zu kümmern, was Philosophie und theoretische Physik längst schon über „ Zeit “ aussagen. Sie führen die religiösen Bilder davon völlig ad absurdum . Das Denken über „Zeit und Ewigkeit“ ist nicht folgenlos, sondern bestimmt das Handeln der Menschen in der Geschichte.

„Man muss schon auf der Erde in den Himmel kommen“ - dieser Satz schafft eine völlig neue theologische Sichtweise ohne das „Hinausschieben“ in eine ferne postmortale Ewigkeit - und somit die Voraussetzung für ein wirklich religiös erlösungsorientiertes gesellschaftliches Handeln. Besinnt man sich auf die Ergebnisse gegenwärtiger genetischer und epigenetischer Forschung, kommt man zu neuer Bewertung der Evolution und befreit diese Theorie von der missbräuchlichen Argumentation eines zu einfach gedachten Darwinismus. Und wenn man - wie zu Beginn des Referates - Gott als Urgrund alles Seins denkt, kommt man zur zweifellos gewagten, aber faszinierenden Frage, ob Gott nicht zeitlos selbst sowohl Evolution als auch zugleich Ziel dieser Evolution ist, wie T. de Chardin vermutete.

Für das christliche Weltbild würde es dann eben der Auftrag der Christen sein, Gott zu verwirklichen - oder wenigstens darüber eingehender zu reflektieren, eine neue religiöse Gesamtkultur im evolutionären Sinne zu fördern.

Sind die alten Mythen, Prophezeiungen und Schriften wahr? Müssen sie im Sinne deren Einzigartigkeit von „Wahrheit“ fundamental befolgt werden, so ist die Evolution der Religionen nicht möglich. Es bedeutete die Forderung eines Denkverbotes durch die Religion mit der Konsequenz, bei Verweigerung dieses Verbotes keine Erlösung zu finden, in gewohnter religiöser Sprache heißt das „verdammt“ zu werden. Damit aber entstünde das fundamentale despotisch wirkende Gottesbild in seiner primitiven Ausprägung neu.

Die vielen „Schichten“ des „Wahrseins“, der Wahrheit, bilden im Gegensatz zum Fundamentalismus die Freiheit zur Interpretation bereits bestehender „Wahrheiten“ im Sinne des philosophischen Konstruktivismus. Ganz einfach ausgedrückt muss der Leitsatz der Suche nach „Wahrheit“ lauten: „Es gibt Wahrheiten, die einander scheinbar widersprechen, aber dennoch beide wahr sind, ohne dass eine die andere vernichtet.

Selbst die Wahrheit, es gäbe keinen Gott (Nietzsche: „... wir haben ihn getötet“) ist in gleicher Weise wahr, wie der Wahrheitsgehalt des Satzes: “... es gibt Gott, wir haben ihn geschaffen und verwirklichen ihn in der Menscheit ...“ und im Sinne des Theologen Bonhoeffer (von mir sehr gerne zitiert ): „Einen Gott, den es GIBT, kann es gar nicht GEBEN“. Alles das ist gleichzeitig „wahr“ und steht in einem Prozess der evolutiven Entwicklung aller Existenzformen. Das Bibelwort : „Ich werde einen neuen Himmel machen und eine neue Erde ...“ ist Ausdruck dieser befreiten religiösen Glaubenslehre. Diese neue Religiosität mit allen spirituellen Konsequenzen wäre geeignet, die Menschheit und den Planeten zu retten.

Aber es besteht eine Scham, über „Religiöses“ persönliche Aussagen zu machen, mehr als über die eigene Sexualität. Kein Wunder: Es gibt wenig Bemühungen um philosophisch-religiöse Bildung. Wir sind auf Grund dieses Mangels recht hilflos, diese Chance zu nützen.

                   
                               
                               
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